Die Lokalisierung von Schallquellen ist eine der wichtigsten Aufgaben des menschlichen Gehörs. Zugleich ist der Vorgang, wie der Schall auf das Trommelfell trifft, höchst komplex, da der Schall auf seinem Weg auch durch den Kopf, die Ohren und den Rumpf des Hörers bzw. der Hörerin gefiltert wird. Für die Entwicklung von Audiogeräten, die virtuelle Akustik realitätsnah simulieren können, ist es entscheidend, genau zu verstehen und nachzuvollziehen, wie der Schall auf das Gehör trifft. Hierfür gilt es, den Schall bzw. seine Filterung durch die menschliche Anatomie "zu vermessen". "Die Schwierigkeit dabei besteht darin", erklärt Andreas Reichinger, Leiter des Projekts LocaPhoto auf VRVis-Seite, "dass das Richtungshören für jeden Menschen individuell von der richtungsspezifischen Filtereigenschaften der Ohrmuschel abhängt, der sogenannten HRTF (head related transfer function), und deshalb für jeden Menschen individuell gemessen werden muss. Eine akustische Messung, wie von der ARI bislang durchgeführt, ist jedoch mit großem Aufwand verbunden: Man benötigt einen schallisolierten Raum mit vielen Lautsprechern rund um einen automatisch gedrehten Stuhl, kleinste Mikrofone in den Ohren und etwa 15-30 Minuten langes bewegungsloses Ausharren, während unangenehme Sweep-Sounds um einem herum abgespielt werden."
Um diese Schallvermessungen angenehmer und vor allem effizienter zu gestalten, haben sich das Institut für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und das VRVis im Rahmen eines vom FWF finanzierten Forschungsprojekts zusammengetan. Die dabei entwickelte und mittlerweile patentierte Methode kombiniert numerische HRTF-Berechnungen mit 3D-Bildern, um personalisierte Schall-Simulationen, die weit über gewöhnlichen Stereo-Sound hinausgehen, zu schaffen. Spezialräume und lange Sitzungen gehören hiermit der Vergangenheit an, denn die Messungen werden virtuell und basierend auf einem aus Fotografien erstellten 3D-Scan des Kopfes errechnet.
"Schallsimulationen wie die unsere, die nicht nur vergleichsweise bequem, schnell und mit wenig technischem Aufwand hergestellt werden können, sondern vor allem alle Hörrichtungen so wirklichkeitsgetreu wie nur irgendmöglich miteinbeziehen können, sind für viele Bereiche, von der Hörakustik über die Medizin bis zur Forschung, relevant. Ein wichtiges Einsatzgebiet sind beispielsweise auch VR- und AR-Simulationen, wo ein individualisiertes Richtungshören dabei hilft, den Blick in eine bestimmte Richtung zu lenken, oder einfach um das gesamte Geschehen akustisch dreidimensional zu verstehen, auch dort wo man gerade nicht hinblickt", so Andreas Reichinger.
Bei Interesse an dem Patent und für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Frederik Stöhr: frederik.stoehr(at)oeaw.ac.at